Album-RezensionMusik

Underviewer – Wonders & Monsters

Moment mal, das erste Stück heißt ‚Was soll ich tun?‘ Wenn jemand Front 242-Zitate eine seine Musik einbettet, dann sollte er sich das musikalisch erst einmal verdient haben. Für Underviewer ist dies allerdings kein Problem, besteht die Band doch aus zwei der vier belgischen EBM-Helden. Bereits 1978, so die Sage, schlossen sich Patrick Codenys und Jean Luc de Meyer zu dieser Formation zusammen und tüftelten am eigenen elektronischen Sound. Zur Veröffentlichung kam es aber nie und nach drei Jahren fusionierten die beiden mit Daniel Bressanutti und Dirk Bergen unter dem Namen Front 242. Der Rest ist Geschichte. 
Seite 2011 traten De Meyer und Codenys live immer mal wieder als Underviewer in Erscheinung, um nun, 38 Jahre nach ihrer Gründung, den ersten offiziellen Output zu veröffentlichen. Der Sound orientiert sich an den Anfängen des Duos und klingt in etwa so, wie Front 242 auf Geography tönten. Diese unterkühlte Melodik und spartanische Instrumentierung war damals wegweisend und ich kann gar nicht sagen, wie ich oft ich die Songs der ersten Stunde seinerzeit rauf- und runter hörte. Underviewer setzen also bewußt wieder dort an und ignorieren die technische Entwicklung der elektronischen Musikwelt. Das ist sehr angenehm, hier gibt es keinen Bombast oder endlose technoide Spielereien. Durch die analoge Produktionsweise klingen die Stücke trotz ihrer Zurückhaltung warm, die Produktion hat den nötigen Druck. Tempotechnisch sind die beiden eher im unteren Drehzahlbereich unterwegs, Hektik kommt nicht auf. ‚Litany‘, ‚What Do You See?‘ und ‚Nobody But You‘ klingen sehr geschmeidig, während ‚Trouble‘, ‚Gone‘ und ‚These Days‘ mit fast poppigen Melodien aufwarten. Das Titelstück lässt dann etwas mehr Härte durchscheinen, dies aber auch nur in kleiner Dosis. Wieviele der hier vorliegenden Songs bereits in der Gründerzeit geschrieben worden, ist offen, nur von ‚Nobody Like You‘ weiß man das ziemlich sicher. Patrick Codenys liefert mit spärlichen Mitteln meisterhafte Kompositionen ab und Jean Luc de Meyer ist wieder einmal über jeden Zweifel erhaben. Seinen Akzent hat man längst als liebenswert abgetan und stimmlich hat sich der Belgier aufgrund seiner zahlreichen Seitenprojekte und Gastauftritte so sehr weiterentwickelt, das ein solches Ergebnis vor dreißig Jahren schlichtweg nicht möglich gewesen wäre. Ich jedenfalls, kann ich mich an dieser Stimme nicht satt hören.
Wer nun also die neueste elektronische Innovation sucht, wird sie hier nicht finden. Bei Underviewer geht es darum, die damaligen Ideen produktionstechnisch in das Heute zu überführen, ohne das Konzept auszuhöhlen. Das ist den beiden hervorragend gelungen. Kleiner Fact am Rande: Die Länge der Song rangieren im Durchschnitt was über drei Minuten und zwei davon haben tatsächlich die Länge von 02:42.
Also: Was soll ich tun? Im Rhythmus bleiben!

 

 

front242.com
Underviewer auf Bandcamp
Live-Fotos von Underviewer von Daniela Vorndran auf black-cat-net.de

05.04.2013 – Oberhausen
Underviewer als Support fuer Haujobb bei einem Konzert am 05.04.2013 imKulttempel Oberhausen

 

 

 

 

Schreibe einen Kommentar

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen