KonzertMusik

Amanda Palmer And The Grand Theft Orchestra 29.10.2013 Gruenspan Hamburg – Theatre Is Evil Tour

Lange musste Hamburg warten bis man hier die Live-Umsetzung des Albums ‚Theatre Is  Evil‘ erleben durfte. Immerhin ist die Scheibe schon ein gutes Jahr alt. Seitdem raste Mrs. Palmer und ihr Grand Theft Orchestra um die Welt und begeisterte wieder einmal ihre Fans. Die Tour neigte sich nun dem Ende zu und wer sich dieses Konzert entgehen ließ war sehr selbst schuld und wird nach der Aussage der Künstlerin auch erst einmal länger auf ein Wiedersehen warten müssen, da sie nach Jahren des exzessiven Touren eine Pause einlegen wird um ein Buch und ein Theaterstück zu schreiben.
Fast pünktlich gegen 20.00 Uhr zeigte sich Amanda Palmer auf der Empore des Hamburger Traditionsclubs um im Morgenmantel ihren Bandkollegen Jherek Bischoff als Vorprogramm anzukündigen und uns mit dem alten Heintje-Klassiker ‚Ich Bau Dir Ein Schloss‘, gespielt auf der Ukele, willkommen zu heißen.

Die junge Dame die zufällig (?) sich den Platz dort oben ausgesucht hatte sah sich dementsprechend direkt mit dem Hauptact konfrontiert, wurde eng mit eingebunden und durfte wie selbstverständlich mitsingen. Und sie schlug sich wirklich nicht schlecht. Ein lockerer und lustiger Einstieg in einen Abend, der noch viel bieten sollte.
Der adrett gekleidete  und Top-frisierte Jherek Bischoff präsentierte auf Gitarre und Ukulele ein paar sehr interessante Instrumentalstücke mit einer Bandbreite von rockig (das volle Brett) bis afrikanisch folkloristisch. Großartiger Musiker und sehr sympathischer Typ (http://jherekbischoff.com/).
Nach einer kurzen Umbauphase erschien das Grand Theft Orchestra, mit Bischoff am Bass, Chad Raines (der mir immer etwas suspekt ist) an der Gitarre und dem mittlerweile komplett zugewachsenen, und nur mit einer knappen Hose bekleideten Drummer Thor Harris.
Die Chefin betrat die Bühne in einer silbernen Leggings mit halbdurchsichtigen Oberteil und trug das Konterfei des unvergessenen Klaus Nomi auf dem Bauch, dunkle Kriegsbemalung inklusive. Punk, Baby!

Und es ging sofort in die Vollen. Zum Opener ‚Do It With A Rockstar‘ sprang Palmer ins Publikum und brachte die Stimmung zum Kochen. Mit ‚The Killing Type‘ kam anschließend gleich der nächste Hammersong des aktuellen Albums. Im Laufe des Abends spielte sich die Amerikanerin und ihre Mannen durch so viele Stücke, das ich sie gar nicht mehr aufzählen kann. Vielleicht taucht noch eine Setlist im Internet auf. Selbstverständlich kamen wir in den Genuss von weiten Teilen des gesamten Spektrums Ihres Schaffens. So durften Dresden Dolls Klassiker wie ‚Missed Me‘ (herrlich extrovertiert am Keyboard vorgetragen) oder ‚Mandy Goes To Med School‘ nicht fehlen. Von ihrem Soloalbum ‚Who Killed Amanda Palmer‘ gab es das göttliche und zerbrechliche ‚Astronaut‘ und den Gassenhauer ‚Leeds United‘. Das launige ‚Oasis‘ wurde in einer Ukeleleversion dargeboten, die in ein Medley mit ‚Twist And Shout‘ der Beatles wechselte. Auch andere Coverversionen gab es: In Gedenken an den einen Tag zuvor verstorbenen Lou Reed summten alle zusammen ‚Take A Walk On The Wild Side‘, bei ihrer Version eines befreundeten Musiker durften man ebenfalls mitsingen und sich, aufgrund des liebevollen Refrains an der Hand seines Nachbarn festhalten. Rührend.

Bei Nirvanas ‚Smells Like Teen Spirit‘ wurde die Stimmung dann nuklear, die Temperatur war am Siedepunkt und der Luftgehalt ging gegen Null. Palmer performierte hier Crowdsurfing at its best und durchquerte die Halle auf dem Rücken liegend über die Menge.
Ob Nenas ’99 Luftballons‘ unbedingt sein musste sei einmal dahingestellt, die Punkversion dieses Lied aus der NDW-Mottenkiste und der sympathische Akzent der Sängerin machten aber wiederum doch Spaß.
Auch Wünsche nahm die 37-jährige entgegen. ‚Ampersand‘ war immer schon eines meiner Favoriten und auch der ‚Bed Song‘ wurde zurecht gefordert und geliefert. An der Ukulele stehend wurde dann nach Grauzones ‚Eisbär‘ gerufen, was sie zunächst überraschte, aber dennoch durch kurze Improvisation und mit Hilfe ihrer Band perfekt umsetzte. 
Die zweite Crowdsurfing-Nummer war ‚Bottom Feeder‘, in der sie ihren Rock zu einem nicht enden wollenden Schleier auswickelte, der den Großteil des Zuschauerraums ausfüllte (konnte es leider nicht richtig fotografieren, daher hier stellvertretend ein tolles Bild von @Dinderfurth via twitter vom Kölner Konzert).
Zwischen den Stücken wurde immer wieder der Kontakt zu den Angereisten aufgenommen, es gab kleine Geschichten, ein paar lustige Brocken Deutsch, es wurde über Bier diskutiert und man durfte sich direkt in die Mailingliste für exklusive Inhalte des Konzertes eintragen. Obwohl ich bisher nichts empfangen habe zeigt sich erneut das Amanda Palmer geschickt die Medien für sich nutzt und immer ganz nah an ihren Fans ist, die sich wiederum der unglaublichen Aura dieser sympatischen Künstlerin nicht entziehen können.

Und immer wenn man dachte das nach einem Highlight das Ende gekommen wäre, wurde nach eins nachgelegt. Nach satten drei Stunden fiel dann aber doch der Vorhang und zurück blieb ein seliges und dankbares Publikum. Mehr Show ging praktisch nicht. 
Bleibt die Frage: Was fehlte? ‚Massachusetts‘ hätte ich vielleicht noch gerne gehört, oder ‚Mrs. O‘. Das ‚Coin Operated Boy‘ nicht kam war eigentlich die größte Überraschung, allerdings verschmerzbar. Und vielleicht kommen die Dresden Dolls, wenn man ihrer Aussage glauben kann, noch einmal wieder vorbei. Toller Abend!




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