Tina Dico – Where do you go to disappear?
Wieviel Entwicklung und Veränderung ist einem Künstler gestattet? Dies scheint mehr und mehr eine zentrale Frage zu sein. Letztlich ist es ein Stück Authentizität, wenn ein Album nach dem klingt, was der Künstler erlebt, wie und wo er es erlebt. So auch bei dem neuen Album von Tina Dico, das in eine Zeit fällt, welche von Schwangerschaft und Umzug nach Island geprägt ist.
Die Lieder klingen nachdenklicher und ruhiger als auf ihren früheren Alben. Manches ist mainstreamtauglich, eher poppig. Doch ist diese Entwicklung wirklich schlimm? Ich behaupte: nein. Wir finden nach wie vor sehr gute Texte, in denen es z.B. um die ökologische Zukunft unserer Erde geht. Gleichermaßen versucht Tina aber auch, nicht das Ende der Welt zu prophezeien. Es gibt noch Hoffnung. Nachdenklich ja, düster nein.
Die Melodien sind ausgewogen, ruhig mit langen Bögen. Und dennoch ist da die Finesse, die wir von Tina Dico kennen. Lieder, die sich erst nach mehrmaligen Hören in den Kopf setzen, dann aber nicht mehr vergessen werden, wie „Moon to let“, das leicht jazzige „True North“ oder „The tip of the iceberg“. Die Songs sind sicher nicht so drängend und überraschend wie auf „Count to ten“ oder „A beginning, a detour, an open ending“, aber auch sie bergen Suchtcharakter. Im Gegensatz zu früheren Aufnahmen dominiert hier die warme Singstimme in Moll – wunderschön!
Für mich ist „Where do you go to disappear“ ein wundervoller Einstieg in den Herbst. Ich nehme Tina diese Musik ab und freue mich, die weitere Entwicklung dieser spannenden Songwriterin zu verfolgen.
http://tinadico.com/
https://twitter.com/tinadico
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