Renard – Waking Up In A Different World
Von Wölfen und Alphatieren
Wer ist der bessere Wolfsheimer? Das lässt sich sicherlich nicht so einfach beantworten. Klar ist jedenfalls, das sich um den Split der Band einige Mythen ranken, und das die beiden wohl keine Freunde mehr werden.Während Peter Heppner es nach der Auflösung der Band aufgrund seiner markanten Stimme leichter hatte, den musikalischen Erfolg fortzusetzen, frickelte Reinhardt derweil scheinbar etwas mehr im verborgenen an einigen Projekten und Produzentarbeiten herum.
So wohlig-samtig Heppner Stimme auch ist, so gelangweilt war ich auch schnell von ihr. Von Innovationen keine Spur, und die Musik driftete nach und nach in den Mainstream ab.
Das Markus Reinhardt musikalisch mehr zu bieten haben würde, war irgendwie schon immer klar. Seine Kompositionen der Wolfsheim-Scheiben waren so genial wie mitunter simpel.
Nun hat sich der gebürtige Hamburger ein Herz gefasst, und unter dem Namen Renard ein Solowerk herausgebracht. Zusammen mit Produzent Oliver Blair (seines Zeichen auch bereits für Ladytron und Client unterwegs gewesen) zaubert er hier auf ganzer Länge elektronische Popsongs von großer Eleganz und Leichtigkeit. Melodiebögen der Achtziger treffen und zeitgemäße Produktion und laden zum tiefen Eintauchen ein.
Für die Vocals laufen einige illustre Personen auf, die allesamt ihre Sache hervorragend machen und den Stücken jeweils einen eigenen Endschliff geben.
Dabei ist das von Alphaville’s Mastermind Marian Gold dargebotene „Hotel“ wohl das eingängigste Stück. Wenn jedoch Marietta Fafouti in „Restless“ ihren Refrain hinschmettert, hat das schon einen Gänsehautfaktor.
Als ich das erste Mal las, das Sarah Blackwood dem Stück „Heresey“ ihre Stimme leiht, war ich zuerst erstaunt, bis ich ziemlich schnell erkannte, das es sich nicht etwa um die Kanadierin von The Creepshow handelte, sondern um die Sängerin von Client (was aber auch sehr schön ist). Sänger Joseh, der eigentlich eher im Folk zu Hause ist, steuert zwei Beiträge bei und sorgt dabei für etwas Erdung, während Eliza Hiscox auf „My Hearts Still Shaking“ für ein zartes Hinhauchen steht.
Nur das von Pascal Finkenauer gesungene „Travel In Time“ finde ich etwas schlaff, aber vielleicht mag ich auch nur seine Stimme nicht.
Der warme und volle Sound hingegen besticht auf der ganzen Länge. Das Instrumental „Intelligent Design“, mit dem die Scheibe nach neun Stücken schließt, ist dann noch einmal so etwas wie ein Blick in den Rückspiegel nach Wolfsheim.
Eine perfekte Scheibe für diese Jahreszeit!
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