KonzertMusik

They Might Be Giants @ Knust HH 29.09.2018

Blech. Dieses Metall hat den Abend entscheidend geprägt. 26 Jahre musste man in der Hansestadt auf einen erneuten Besuch der Band aus New York warten, und da ich daran eigentlich nicht mehr geglaubt hatte, schaute ich mir Gigs der Jungs zwischenzeitlich in London und Berlin an. Nun kamen sie also im Rahmen der Veröffentlichung ihrer neuen Scheibe „I Like Fun“ nach Deutschland. Auf eine Vorband wurde bewusst verzichtet, denn man wollte im ausverkauften Knust natürlich eine möglichst runde und umfassende Werkschau bieten. Das dies bei mittlerweile 20 Studioalben und 32 aktive Jahre als Musiker (zuerst als Duo, später als Band) eine Herausforderung darstellt, ist kein Geheimnis. Aber die beiden Johns sind natürlich Profis und sie stellten ein Set zusammen, das abwechslungsreicher nicht sein konnte und bei dem jeder, trotz eventuell fehlender Lieblingssongs, auf seine Kosten kam. Eine Auflistung der gespielten Stücke an dieser Stelle wäre aufgrund der Masse nicht hilfreich, oder wie John Linnell in „Why Does The Sun Shine“ so schön in seiner Verkörperung eines verwirrten Wissenschaftlers bemerkte: „… and many others too numerous to count“. Der bunte Ritt durch die alten und neuen Werke barg dennoch Überraschungen. So wurde beispielsweise „Birdhouse In Your Soul“ schon recht früh, und nicht in der Zugabe, gebracht, und mit „The Famous Polka“ gab es sogar ein eher unerwartetes Instrumentalstück. Die Stimmung war selbstverständlich glänzend, wenn auch nicht so ausufernd wie noch vor einigen Jahren, als es bei einigen Stücken nahezu Tendenzen zum Pogo gab. Aber auch die Band agierte insgesamt etwas zahmer, was vielleicht auch der kleinen Bühne geschuldet war, auf der die 6-köpfige Formation zurecht kommen musste. Dennoch waren die beiden Johns so locker wie erwartet, machten viel Konversation, spielten sich dabei gegenseitig die Bälle zu und hatten dabei sichtlich Spaß. Nach der ersten Stunde gab es dann eine Pause von 20 Minuten. Zu Beginn des zweiten Sets versammelten sich nur Flansbourgh, Linnell und Beller (nun am elektronischen Effekte-Schlagzeug) in einer Ecke, um ein paar Songs mit sparsamer Instrumentalisierung darzubieten, darunter das schon erwähnte „Why Does The Sun Shine“. Es kam, nicht zuletzt wegen der knisternden Soundeffekte, das Gefühl eines gemütlichen Kaminabends auf. Kommen wir aber zurück zum Blech: Immer schon spielten Trompete und andere Blechinstrumente in den Kompositionen von They Might Be Giants eine wichtige Rolle. Live wechselte Linnell immer wieder einmal zu diesen Blasinstrumenten. Der Nachteil war dann aber, das dann das Keyboard meist verwaist war. So war es nur konsequent, diesmal für die Konzerte auf einen professionellen Musiker zur Unterstützung zu setzen. Mit Carl Ramm hat man ein goldenes Händchen bewiesen. Die Dynamik, die dieser Mann zusätzlich in die Stücke brachte, war einzigartig. Diese geballte Ladung an Kraft, Virtuosität und Showtalent machte schlichtweg Spaß. Das Intro zu „Istanbul“ beispielsweise war noch nie so gewaltig (und lang) und der Wechsel zwischen seinen Instrumenten beeindruckend. Somit wurde Ramm zum überraschenden, heimlichen Star des Abends. Aber auch der Einsatz der Kontrabassklarinette von John Linnell war eine Pracht. Diese tiefen Töne, die er diesem so unhandlichen Ding entlockte, waren eindrucksvoll. Ebenso eindrucksvoll war die Einlage, bei der die Band alleine durch Handzeichen, zuerst von Linnell, dann von Flansbourgh dirigiert wurde und so eine Jam Session der besonderen Art entstand. Hier zeigte sich erneut, wie viel Professionalität in den Musikern dieser Band steckt. Das zweite Set endete rockig und rasant nach einer weiteren Stunde. Aber die Jungs aus NYC ließen ihr Publikum nicht im Stich, sondern hängten noch eine Zugabe von 20 Minuten dran, um dann erneut für weitere 10 Minuten zurückzukommen und mit dem herrlichen „The Guitar“ abzuschließen. Somit ging ein zweieinhalbstündiger Abend mit Hits, Lieblinge für Kenner und Klassikern der Zukunft zu Ende. They Might Be Giants enttäuschen live niemals und wenn man Berichte im Internet von Fans liest, die mehrere Konzerte derselben Tour besucht haben, erfährt man, das man aufgrund der veränderten Setlists und der Spontanität deren Gestaltung jedesmal begeistert wird. Sie sind eben der ewige Geheimtipp. Blech for Gold!

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