Album-RezensionMusik

Meg Myers – Take Me To The Disco

Mit ihrer Mischung aus zerbrechlichen Balladen und explosivem Rockpop (auch gerne im selben Song) und ihren Texten aus Schmerz und Wut, konnte sich die Sängerin aus Tennessee in der alternativen Popszene, zurecht, in kurzer Zeit einen Namen machen. Dazu konnte sie in ihren Musikvideos zeigen, wie viel Power und künstlerische Finesse in ihr stecken. Das epische ‚Heart Heart Head‘ sollte man zum Beispiel dringend gesehen haben.
Laut eigenen Aussagen fühlte sich Myers aber zuletzt bei ihrem Label Atlantic nicht mehr richtig wohl, da dieses nach und nach weniger Ecken in den Songs und mehr Hitformat haben wollte. Wer sich zum Beispiel den Song ‚Lemon Eyes‘ vom letzten Album angehört und vor allem das dazugehörige Video angesehen hat, sollte dies bestätigen können. Meg Myers wollte die Songs herausbringen, die schon lange bei ihr in der Schublade schlummerten.
Natürlich braucht man zum anteasern eines neuen Albums zunächst ein eingängiges und möglichst spannendes Stück des bekannten Formats. Mit ‚Numb‘ wurde die perfekte Wahl getroffen. Von der Geschwindigkeit eher im unteren Bereich angesiedelt, kocht es sich beginnend mit leichten Klavierklängen und schleppendem Gesang langsam hoch, um dann im Refrain förmlich zu explodieren. Es entlädt sich diese typische Meg Myers-Mischung aus Zorn und Wut, die sie so besonders macht. Das sie eine Zeit lang mit den Pixies auf Tour war, hört man hier ganz besonders, das Songwriting und der Einsatz der Instrumente gleicht sehr deren Album 2016er Album ‚Head Carrier’,und das meine ich durchaus positiv. Ich könnte mir auch gut vorstellen, das Black Francis Teile von ‚Numb’ singen könnte. Ein ganz großes Highlight des Albums.
Aber ‚Take Me To The Disco‘ ist so viel mehr als plakative Melodie. Myers präsentiert hier ihr bisher vielschichtigstes und abwechslungsreichstes Album.
Der Labelwechsel hat ihr hörbar gut getan. Myers geht hier nun klar ihren eigenen Weg. ‚Take Me To The Disco‘ ist luftiger, offener und abwechslungsreicher. Es ist gleichzeitig Disco, 80er, Dreampop und Sound der überladenen 90ern. Wobei das eine Komponente ist, von der ich etwas weniger hätte haben wollen. Das Myers in der Lage ist, eine perfekte Stimmung ohne unnötigen Bombast, ja mit einfachsten akustischen Stilmitteln, zu erzeugen, hat sie mehrfach eindrucksvoll zur Schau gestellt. Etwas weniger Echo und Glitzer hätten es daher auch getan. Mit ‚Some People‘ hat sie es in jedem Fall übertrieben. Auch der Opener ‚Take Me To The Disco‘, eine durchaus anmutige Ballade, hätte ein wenig mehr orchestrale Zurückhaltung sicherlich gut getan.
Besonders spannend sind Titel wie ‚Jealous Sea‘, in der die Sängerin eine guten Spannungsbogen mit schönen Percussion und synthetischen Streichern aufbaut, um dann immer wieder eruptiv daraus auszubrechen. Ein ähnliches Spiel mit Lautstärken und vibrierenden Rhythmen spielt ‚Little Black Death‘ aus.
Besonders erfrischend ist auch das Duett auf ‚The Death Of Me‘, das sie zusammen mit ihrem Produzenten bestreitet.
Zwei Dinge fallen besonders auf. Wer schon einmal ein Interview mit Meg Myers gesehen hat, wird sich vielleicht gewundert haben, wie tief ihre Sprechstimme eigentlich ist. Nun traut sie sich auch, diese Tonart in ihre Songs einzubauen. In ‚I’m Not Sorry‘ und ‚Little Black Death‘ blitzt dies immer wieder durch. Der Wechsel zwischen tiefen und hohem Gesang war noch nie so markant wie auf diesem Longplayer.
Das zweite ist, das Myers eine beinahe völlige neue Akzentuierung ihrer Aussprache an den Tag legt. Einerseits viel sauberer und aber auch mit viel größerem Nachdruck. Das gefällt mir sehr gut, auch wenn ich an einigen Stellen zweimal hinhören musste, um mich zu vergewissern, das es noch Meg Myers ist, die ich da höre.
Wenn dann aber ‚Tear Me To Pieces, läuft, gibt es keinerlei Zweifel. Ein anfängliche Ballade mithilfe von Wut dermaßen zerbersten zu lassen, ist die hohe Kunst dieser Künstlerin. In jedem Fall das beste Stück des Albums.
Das sich Meg Myers mit ‚Take Me To The Disco‘ weiterentwickelt hat, ist unbestritten. Ob der hier eingeschlagene Weg wegen des aufgeladenen Sounds aber allen Fans schmecken wird, dürfte fraglich sein. Denn der Wandel der zornigen Singer- Songwriterin der frühen Tage hin zur vermeintlichen Mainstream-Popsängerin mit gelegentlichen Wutausbrüchen wird im Netz bereits deutlich kritisch diskutiert. Mir gefällt ‚Take Me To The Disco‘ sehr gut und ich denke nicht, das sie bereits an ihrem finalen Sound angelangt ist. Das Album ist vielfältig und trägt hörbar ihre persönliche Handschrift. Es wird spannend bleiben, Myers weiteren Weg zu verfolgen. (4/5 • 100%)

Meg Myers
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