Album-RezensionMusik

KMFDM – Hell Yeah

KMFDM! Was denn, kein selbstverliebter Schlachtruf auf der Scheibe?! Muss ich mich wundern oder mir gar Sorgen machen? Aber natürlich nicht. KMFDM sind auch nach 33 Jahren in keine Midlife Crisis gerutscht und hauen wieder feste drauf. Käpt’n K sorgt diesmal aber tatsächlich für die nötige Portion Weiterentwicklung, ohne das das Klientel auf breiter Front enttäuscht oder vergrault werden dürfte. ‚Hell Yeah‘ klingt elektronischer als die Vorgänger. Dabei kündigte sich der Trend zu mehr Elektronik bereits 2014 auf ‚Our Time Will Come‘ an. Ich wage einmal zu behaupten, das das Ganze auf eine langfristigeren Planung beruht.
Die Stücke klingen frisch und modern, ohne dabei auf die ultraheavy Beats zu verzichten. Das Titelstück ist ein gutes Beispiel dafür: Feine und verspielte elektronische Strukturen umschmeicheln den schon beinahe melodiös singenden Käptn, bevor erst im Refrain die berühmt berüchtigten Gitarrenriffs einsetzen. Diese klingen wiederum sehr digital bearbeitet.
Noch funkiger geht es mit ‚Freak Flag‘ weiter. Sehr vielschichtig, wenn auch etwas zu sehr verspielt, aber da passt eben auch der Titel.
Dies ist übrigens einer von fünf Titeln, die von Lucia Cifarelli intoniert werden, die auf dieser Scheibe damit wieder hörbar mehr Raum einnimmt. ‚Murder My Heart‘ ist ein absoluter Hinhörer, und wird für Diskussionen sorgen. Sicher, sehr poppig, irgendwo zwischen Rockabilly, Swing und Pop, aber dann doch irgendwie Industrial (inklusive der Rückkehr der Schweineorgel). Kritiker werden sich hauptsächlich an diesem Song, so wie an ‚Only Lovers‘ aufreiben. Dieser wiederum ist ein sehr ruhiger Vertreter und Lucia schraubt ihre Stimme sehr hoch. Aber allen, die in der Gattin des Käptn den Grund dafür sehen, das KMFDM ihren Stil öffnen, sei gesagt, das sie die Band wahrscheinlich schon vor langer Zeit davor bewahrt hat, eine Kopie ihrer selbst zu werden. Natürlich überzeugten nicht alle von ihr gesungen Lieder in der Vergangenheit, aber das taten auch andere Songs nicht immer. Und die Bandbreite, mit der sie ‚Only Lovers‘ darbietet, ist einfach bemerkenswert und es ist für mich eines der Highlights dieses Albums. Das sie auch anders kann, zeigt sie eindrucksvoll in ‚Rx For The Damned‘, mit Inbrunst á la ‚WWIII‘.
Für die Vertreter der härteren Gangart bieten sich außerdem ‚Glam Glitz And Gloria‘ und ‚Total State Machine‘ an. Das politische 2017 spielt KMFDM natürlich auch hier wieder als Blaupause in die Hände, ‚Fake News‘ ist hier natürlich sehr offensichtlich, wenn es auch für mich eher das schwächste Stück des Albums darstellt.
Herausragend, gerade für alte Säcke wie mich, die das Treiben der Band seit Bestehen verfolgen, ist die überarbeitete und angepasste Version des Klassikers ‚Rip The System‘. Großes Kino.
Insgesamt ist ‚Hell Yeah’ ein sehr abwechslungsreiches und hörenswertes Album, für das bei hartgesottenen KMFDM-Fans vielleicht um etwas Toleranz geworben werden muss. Aber am Ende sollte alles gut werden. (3/4 • 77%)

KMFDM
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