Laibach – Spectre
Elf Jahre liegen zwischen ‚Spectre‘ und ‚Wat‘, dem für mich letzten regulären Laibach-Album. ‚Volk‘, ‚Die Kunst Der Fuge‘ und auch ‚Iron Sky‘ waren Themen-Alben und machten nur sehr bedingt Spaß.
Thematisch beschäftigt sich das slowenische Künstlerkombinat auf ‚Spectre‘ wie zu erwarten mit der Weltpolitik. Krieg, Verschwörung, Verrat, Vernichtung und der arabischer Frühling werden verarbeitet. Markige Spüche wie ‚Existence as you know it is over‘ markieren die Rückkehr der ehemaligen Provokateure.
Laibach haben sich, insbesondere in ihrer Anfangszeit mit ihrem radikalen Auftreten und ihrem oft falsch verstandenen Statements nicht überall Freunde gemacht, der Sarkasmus und die Konfrontation als Mittel der Auseinandersetzung wurden oft falsch verstanden. Dennoch vermochten sie es mit oder trotz ihres martialischen Sounds ihren eigenen Platz in der experimentellen Industrial-Szene zu sichern. Es gibt einfach keine Band die vergleichbar mit dieser Truppe wäre.
Nun sind auch die Protagonisten dieser Band älter geworden und immer nur quer zu sein erfordert große Disziplin. Auch Neu- und Umbesetzungen verwässerten die Leitsätze zum Teil zu plumpen Parolen der Parolen willen und veränderten den Musikstil der Band. Letzteres muss zwar nicht schlecht sein, zeigt sich auf ‚Spectre‘ aber recht deutlich und fällt eher negativ auf.
Dabei geht ‚Whistlesblowers‘ mit seiner Mischung aus ‚Im Frühtau zu Berge‘ und einer gewissen Western-Romantik noch in Ordnung, gerade auch wenn man bedenkt wie man sich bereits mit ‚Maggie Mae‘, ‚The Final Countdown‘ oder ‚Mama Leone‘ auf dünnem Eis bewegte. Ein wenig schräger Humor gehörte eben stets dazu.
‚Eat Liver‘ ist das schnellste Stück und geht ordentlich nach vorne. ‚No History‘ und das zugegebenermaßen sehr pathetische ‚Resistance Is Futile‘ gehören zu den dunklen und kraftvollen Nummern und damit auch zu den Highlights. Auch das bereits zuvor veröffentlichte ‚Eurovision‘ hat seinen Charme. Was sich die Band allerdings bei ‚We Are Millions And Millions are One‘ gedacht hat ist mir schleierhaft. Glattgebügelter Yello-Sound mit weiblichen Gesang im Swing-Stil.
Auch ‚Bossanova‘ wartet mit Damen-Vocals auf, die eher anstrengend als cool wirken. Immerhin hämmert das Stück ganz nett vor sich hin. Bei ‚Walk With Me‘ muss man gar die herrliche typische Tenorstimme als gesampelt-gehacktes hinnehmen während Frau Spiler erneut ohne Erfolg versucht cool zu klingen.
Zum Abschluss gibt man sich mit ‚Koran‘ noch einmal künstlerisch solide, wenn die musikalische Umsetzung auch ein wenig farblos und unspannend ist.
Insgesamt ist ‚Spectre‘ zu glatt und melodisch ohne wirklich eingängig zu sein. Mir fehlt das Sperrige und das Unangenehme in der Musik. Laibachs frühe Outputs kosteten Nerven, belohnten die wackeren Hörer aber mit einer echten Alternative zur damaligen Musiklandschaft indem sie Hochkultur auf experimentelle Art mit Industrial zusammenführten. Auch die späteren elektronisch geprägten Werke strotzten nur so vor Energie und Aussagekraft.
Beides vermisse ich auf weiten Teilen auf ‚Spectre‘, Laibach arbeiten sich zu sehr an den eigenen Vorlagen ab und scheinen hauptsächlich Erwartungen erfüllen zu wollen. Um unbequem zu sein ist dieses Album zu angepasst. So bleibt ‚Wat‘ für mich weiterhin das bisher letzte relevante Album der Slowenen.