Album-RezensionAllgemeinMusik

VNV Nation – Transnational

Es ist Zeit Abschied zu nehmen. Die Band, die Mitte der Neunziger mit kalten, militärisch anmutenden Klängen und pathetischen Texten im EBM-Kosmos zu Hause und 2002 mit ‚Futureperfect‘ Miterfinder und gleichzeitig Speerspitze des Futurepops war gibt es nicht mehr.
Jedenfalls nicht mit dieser musikalischen Ausrichtung. Was sich spätestens mit dem Vorgängeralbum ‚Automatic‘ ankündigte lässt sich nun nicht mehr verleugnen. Mastermind Ronan Harris verlässt den Heimathafen des Futurepops um in seichtere Gefilde zu schippern.
‚Transnational‘ ist so glatt und melodiös geworden das es hart an der Grenze zur Schlagermusik (von der Sorte des Grafen) vorbeischrammt. Wer aus ideologischer Sicht damit nicht zurecht kommt muss hier nicht weiter lesen.
Synthpop mit vollgepackten Soundelementen (‚Everything‘) oder auch Dubstep mit House-Anleihen (Lost Horizon) muss man nicht unbedingt haben. Und auch über die leidlich interessanten Instrumentale, die sich auch auf dieser Scheibe wieder finden wurde in der Vergangenheit immer wieder gestritten. Fest steht jedoch, auch wenn man mit der instrumentierten Ausrichtung nicht mehr einverstanden ist, das Ronan Harris ein Sinn für Melodien hat und seine Stimme viele Unzulänglichkeiten wettmacht. So sind ‚Everything‘, ‚If I Was‘ und besonders ‚Off Screen‘ einfach gute Popsongs.  ‚Teleconnect Pt. 1‘ hat für mich sogar einige Momente in denen ich mich an Peter Gabriel erinnert fühle, schöne Atmosphäre. Leider reißt Harris diese mit dem zweiten Teil des Songs wieder ein. Hier überschätzt der Ire sich stimmlich doch ein wenig.
‚Aeroscope‘ fällt in die Riege der progressiven Instrumentale und kann trotz guter Qualität der selbst entworfenen Referenz ‚Electronaut‘ nicht das Wasser reichen. Während ‚Retaliate‘ ein 1A ‚Chrome‘-Abklatsch ist lebt mit ‚Primary‘ noch einmal die elektrischere Seite der Band auf. Hier sind die mittleren und hohen Frequenzen dominant und die Sequenzer flirren vor sich hin. Zwar ist auch diese Stück unheimlich poppig, doch es wirkt auf das gesamte Werk soundtechnisch etwas ausgleichend.
VNV Nation sind also im Mainstream angekommen und wer will es ihnen verdenken das sie nun vielleicht auch mal ein wenig Geld mit ihrer Musik verdienen möchten. Hörenswert ist es immer noch, nur von der Exklusivität und dem besonderen „VNV Nation-Gefühl“ muss man sich wohl verabschieden. 
Seine Fanklamotten sollte man als Hardcore-Fan jedenfalls im Schrank lassen oder bei Ebay versteigern, so lange man sie vielleicht noch los wird. Und zum Glück war ich auf genügend Konzerten des Duos, so das ich das auch nicht mehr haben muss.
Wer seine Musik als MP3 kauft sollte hier nur häppchenweise zugreifen, denn einige Stücke kann man getrost vernachlässigen, während andere immer noch gut und gerne in die moderate Electrosammlung passen.

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