Emilie Autumn 22.03.2012 Grünspan Hamburg
Die Muffins fliegen tief, Emilie Autumn muss in der Stadt sein. ‘Fight Like A Girl’ soll das, mittlerweile seit eineinhalb Jahren angekündigte Album heißen und unter diesem Motto stand auch das Konzert im Grünspan. Ungewöhnlich früh begann die Show, denn bereits um kurz nach Acht enterten nach einem langen Sprachintro mit Veronica, Contessa und Maggot die Bloody Crumpets die Bühne mit dem ewigen Opener ‘4 o’Clock’. Die Chefin selbst entstieg mit einem buntem Hochsteck-Haarteil diesmal einer überdimensionalen Uhr. ‘Fight Like A Girl’ war das erste neue Stück des Abends und klang verdammt spannend und atmosphärisch dicht. Selbstverständlich gab es die großen Klassiker wie ‘The Art Of Suicide’, ‘Liar’ oder ‘Gold Help Me’, aber besonders gefreut habe ich mich darauf endlich neues Material hören zu dürfen. Und davon gab es reichlich: anlässlich zu ‘Time For Tea’, wurden wieder einmal die Teetassen gefüllt und mit Muffins in hohem Bogen über die ersten Zuschauer-Reihen verteilt, die Cabaret-Vorstellung ‘Girls Girls Girls’ (mit als Junge verkleidete Emilie), das kompositorische Meisterwerk ‘Gaslight’, ein wohl autobiografisches dramatisches Stück namens ‘Take The Pill’ und ein marschierendes ‘One Foot In Front Of The Other’, um nur die eindruckvollsten zu nennen.
Drumherum wirbelten die Crumpets in ihren zauberhaften Kostümen und flankierten Emilie theatralisch je nach Stimmung der Songs. Wobei sie diesmal, zumindest bei den ersten vier Stücken eher zu Statisten verdammt waren, denn erst nach der Vorstellung der Truppe durch Captain Maggot durften diese mit dem Publikum interagieren. Nun gab es wieder kleine Slapstickeinlagen, Contessa sang mit allen ein kleines Stück über Finger und Zehen, Veronica spielte, wieder einmal, das Rat Game, hat sich diesmal allerdings gleich zwei Mädels auf die Bühne geholt die sich von ihr küssen lassen wollten.
Maggot ließ gar sich zum Stagediving hinreißen. Das Besondere Highlight des Abends war sicherlich ihr artistischer Einsatz mit dem Feuerreifen (siehe Video).
Zum Ende des Konzerts und den beiden Solo-Zugaben ‘Mad Girl’ und ‘Thank God I’m Pretty’ (hier bewies sich die Masse zur Freude der Sängerin als sehr textsicher) wurde Emilie dann noch sehr emotional und berichtete höchst bewegt darüber das ihr Vater in Hamburg geboren wurde und ihr Großvater einmal ebendort eine Bäckerei betrieb.
Die Abschiedszeremonie mit individuellen Abgängen der Crumpets und erneuter Rückkehr zum Tänzchen mit der Chefin ist legendär und so amüsant das man sie auch diesmal aufführte.
Rechtzeitig zur Bettzeit der jüngeren BesucherInnen wurde die Show um 22.00 Uhr beendet, die sich wieder einmal durch eine 1A-Professionalität und herrvoragenden Sound auszeichnete.
Ein bisschen Kritik muss ich dennoch anbringen. Zum einen hielt ich die Wahl der Location für etwas unglücklich. Zwar ist das Grünspan ein wunderschöner Ort für Konzerte mit einem besonderen Flair, bietet aber für eine Performance dieser Art einfach zu wenig Platz. Aufgrund des eingeschränkten Bewegungsradius wirkte die Performance der Crumpets bei einigen Stücken etwas statisch. Außerdem waren ab der vierten Reihe im Publikum viele Details, wie z.B. der Rollstuhl, oder der liebevoll dekorierte Teewagen bestenfalls nur teilweise zu sehen.
Es wurde erstaunlich wenig Livemusik gespielt. Die E-Violine nahm Emilie Autumn nur bei einem einzigen Stück zur Hand und das Spinett wurde hauptsächlich bei den Zugaben benutzt. Wobei ich mir nicht einmal sicher bin ob sie da auch live spielte. Offensichtlich sind die neuen Stücke aber auch musikalisch zu komplex und im Vordergrund der Victorian-Industrialtruppe steht natürlich die Show.
Und die war, wie beschrieben bunt und mitreißend, aber für Besucher der letzten Touren auch etwas vorhersehbar und bekannt. Für neue Besucher war es aber sicher ein Abend der noch lange in Erinnerung bleiben dürfte.
Eine Gemeinsamkeit eint dann aber alle, und das ist die freudige Erwartung auf das hoffentlich 2012 erscheinende neue Album.
