Album-RezensionMusik

Tying Tiffany – Dark Days, White Nights

Model, Schauspielerin, Soundtrack-Tüftlerin und DJane, das alles ist Tying Tiffany. Bereits 2005 erblickt ihr Erstlingswerk ‚Undercover‘ das Licht der Welt, weil sich die Gute dachte, das sie vielleicht auch ein wenig im elektronischen Musikbusiness mitmischen sollte. Zwei Jahre später veröffentlicht die Italienerin mit ‚Brain For Breakfast‘ einen Nachfolger und erlangt das bisher größte Aufsehen mit dem 2010 erschienenden ‚Peoples Temple‘, sowie mit mitreißenden Liveauftritten, bei denen die ansonsten eher zurückhaltend wirkende Künstlerin voll aus sich heraus kommt.

Die Mehrheit der Stücke auf ‚Peoples Temple‘ konnte mich nicht wirklich überzeugen. Ich hatte das Gefühl das das Songwriting nachträglich auf eine bereits fertige Songstruktur, die hauptsächlich aus Loops bestand, gezwängt wurde. Die Songs klangen daher stark konstruiert und etwas seelenlos. Dieses Problem besteht auf ‚Dark Days, White Nights‘ nicht mehr. Melodie und Gesang gehen mit dem Klanggerüst Hand in Hand und mit ihrem vierten Album dürfte es Tying Tiffany aufgrund des Genremixes schaffen eine breite Anhängerschaft zu finden. Ihre Musik ist, grob gesagt, ein Stilmix aus Postpunk und Wave mit ein paar wohl dosierten technoiden Anleihen. Damit baut sie eine Brücke zwischen Fans der frühen Siouxsie and the Banshees oder Killing Joke, deren düstere Gitarrenwände eingebettet in wavigen Melodien stilprägend waren und Anhängern moderner elektronischer Klängen im Stile des Futurepops. Die Grundhaltung der Musik ist aber eher dunkel gehalten und gerade deshalb wirken die Stücke auch so ausdrucksstark.
Bereits der Opener ‚New Colony‘ marschiert wie eine dunkle Prozession mächtig und hymnenhaft voraus und das anschließende ‚Dark Day‘ ist eine wahre Liebeserklärung an die No Wave-Bewegung der 80er. Im Gegensatz zu vielen anderen Interpreten dieses Genre besticht Tying Tiffanys helle als angenehmer Kontrast zum düsteren Instrumenteneinsatz. Ihr sympathische Akzent kommt besonders in ‚Drownin‘ zur Geltung, ein Stück das homogen, einprägsam und tanzbar ist und sich auch auf dem EA’s Soundtrack von Fifa 2012 finden lässt. Ein ähnliches mitreißendes Stück ist ‚She Never Dies‘.
Die ruhigeren Stücke wie ‚Sinistral‘ oder ‚Universe‘ machen das Album abwechslungsreich, wobei man ruhig nicht zwangsläufig mit leise verwechseln sollte. Mit ‚5am‘ hebt die Künstlerin mit dem Einsatz von breiten Sequenzern zum großen Kopfkino ab und bietet dank männlicher Gesangsunterstützung mit ‚Lepers Of The Sun‘ noch ein extrem eindruckvolles Duettstück feil. Die kräftige und tiefe Stimme John Koesters  (Gravetown and Gargoyle Sox) ist das perfekte Gegenstück zur hellen Stimme der Sängerin. Leider ist  beim Erwerb des digitalen Albums kein Booklet enthalten, so das man die Namen der Mirtwirkenden nicht erfährt. In sofern fand ich sehr nett das Tying Tiffany mir den Namen über twitter verriet. Das Booklets in 99% der Fälle nicht in den offiziellen Downloads enthalten sind finde ich beschämend, aber das nur am Rande.
Tying Tiffany weiss mit der Reanimierung eines fast vergessenen Genres und dessen wohl dosierte Transformierung in ein aktuelles Gewand zu verzücken und überzeugt außerdem stimmlich wie textlich.

http://www.tyingtiffany.com
https://twitter.com/tyingtiffany
http://www.infrarot.de/tying-tiffany/dark-days-white-nights/2010344

 


Tracklist:

01. New Colony
02. Dark Day
03. Drownin
04. Sinistral
05. She Never Dies
06. Universe
07. Unleashed
08. 5 AM
09. Lepers Of The Sun
10. White Night

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