Album-RezensionMusik

Ashbury Heights – Take Cair Paramour

Ashbury Heights sind ein schwedisches Duo, gegründet von Anders Hagström und Yasmine „Yaz“ Uhlin. Während Anders für das Songwriting und den Texten zuständig ist, unterstützte Yasmine ihren Kollegen beim Gesang und bildete damit den harmonischen Klang, den die Wärme der Band ausmacht. Nebenbei modelt sie auch noch als Fetishmodel und tauchte bereits in mehreren Gothic-Magazinen auf. Nach zwei Demos landeten die beiden beim grössten deutschen Synthi-Label Out of Line und veröffentlichten 2007 ihren Erstling Three Cheers For The Newlydeads. Mit ‚Penance‘, das zuvor auf einer Compilation erschien, feierten die beiden ihren ersten Hit. Three Cheers For The Newlydeads wurde ein großer Erfolg, das Gespür Hagströms für Melodie, gepaart mit Texten von depressiver Grundstimmung machte das Duo im Handumdrehen zu Düsterpoppern der ersten Garde. Umso überraschender war die Tatsache, das Uhlin 2008 während einer Clubtournee ihren Abschied aus der Band verkündete, einem Zeitpunkt, zu dem gerade die EP Morningstar In A Black Car veröffentlicht wurde. Über die Gründe wurde nichts bekannt. Vielleicht hatte sie nicht mehr mit dem ambitionierten Perfektionisten Hagström mithalten können oder wollen. Diesen Eindruck könnte man durchaus bekommen, wenn man sich den Text des Songs ‚Smaller‘ ansieht, der durchaus die Beziehung der Beiden zueinander beschreiben könnte und von Uhlin geschrieben wurde. Das Model gab jedenfalls gleichzeitig ihr neues Projekt Javelynn Fate bekannt, deren Debüt 2010 erscheinen sollte. Anders Hagström ersetzte seine Mitstreiterin innerhalb kürzester Zeit durch Kari Berg.

Immer wieder verzögerte sich die Veröffentlichung dieses Albums, insgesamt viermal musste der zuletzt völlig entnervte Hagström die Stücke aufnehmen, wie der geneigte MySpace-Nutzer miterleben musste.
Zunächst lag der Großteil bereits als Demos vor. Als dann Yaz Uhlin die Band verließ und Hagström in Kari Berg Ersatz fand, mussten die Tracks aufgrund der höheren Stimmlage Bergs umarrangiert werden. Anschließend wurden die Demos vom Label als zu roh abgelehnt. Hagström verfeinerte die Stücke und gab ihnen eine Hightechrichtung. Als auch diese Demos nicht den Zuspruch der Plattenfirma erhielten, nahm sich der mittlerweile ausgepowerte Schwede mit der Produzentenlegende John Fryer (Depeche Mode, Yazoo, Fad Gadget, Nitzer Ebb, Fields Of The Nephilim, …) einen Profi zur Hilfe, mit dessen Hilfe die vierte Version dann grünes Licht bekam.
Die Frage war allerdings: Hat sich das Warten und Gefriemel nun gelohnt?
Für mich ist diese Frage nur mit einem klaren JA zu beantworten. Ashbury Heights waren in ihrer bisher kurzen Karriere stets ein Garant für hymnenhafte Musik mit dunkler Attitüde. Auch wenn dieses Album insgesamt poppiger klingt, ja manchmal sogar etwas nach Futurepop (Medicine) und die dunkle Seite sich nur noch in den Texten zeigt, geht dieses Werk als typisch Ashbury Heights durch. Mit dem knackigen Opener ‚Anti Ordinary‘ führt uns Hagström mit dem erstmaligen Einsatz von Gitarren zunächst auf eine falsche Fährte. Die restlichen Stücke gehen ohne Diskussion als New Wave 2.0 durch und wären vor ca. 25 Jahren allesamt in den Top Ten gewesen. Wenn jemand also die Melodiebesessenheit der 80er mit den technischen Mitteln von 2010 perfekt umsetzt kann ich als Zeitzuge nur Hurra rufen. Mitunter brauchen die Stücke mehrmaliges Hören, da sie in der Masse zunächst sehr homogen wirken. Erst nach und nach bildet sich der individuelle Pop-Appeal heraus, der beinahe jedes Stück zu einem Juwel macht. Selbst beim unsäglich kitschigen ‚Unbearable Beauty‘ ertappte ich mich nach mehrmaligen Hörern des unkontrollierten Fußwippens.
Wenn, ja wenn Kari Berg nicht wäre. Hagström tut gut daran ihr dünnes und hohes Stimmchen auf den meisten Songs weit nach hinten zu mischen. Dass viele Stücke ursprünglich noch für das Zusammenwirken mit Uhlin geschrieben wurden, merkt man diesen auch nach der Metamorphose an und man wartet förmlich darauf, das diese ihren Part übernimmt. Stattdessen singt Hagström praktisch alle Strophen selbst, lässt Berg nur bei ‚Shades Of Black‘ völlig schief und etwas peinlich hereinbrüllen. Der Refrain, den sie bei ‚I Can Kill You So Easily‘ übernimmt ist brav und langweilig.
Hagström hingegen bietet wieder einmal alles, was seine Stimme hergibt und das Gesicht der Ashbury Heights ausmacht. Das beinhaltet auch das Einbinden autobiografischer Texte wie bei ‚Beautiful Scum’, das über seinen Vater handelt, der ihn während der gesamten kraftraubenden Zeit der Produktion moralisch und finanziell unterstützte.
Das Album kommt in physikalischer Form als Doppel-CD. Der zweite Silberling bietet sieben druckvolle Remixe und zwei Demos, die es nicht auf die reguläre Scheibe geschafft haben, die wiederum mit 13 Stücken überaus gut gefüllt ist.
Das Hagström aufgrund des Opferns seiner ursprünglichen Ideen nicht wirklich mit dem Album zufrieden ist hat er in vielen Interviews unterschwellig zum Ausdruck gebracht. Die Zugeständnisse, die er gezwungen war zu machen, ändern allerdings nichts daran, das ‚Take Cair Paramour‘ ein klasse Album geworden ist, ohne das die New Wave-Szene um einige Electropophymnen ärmer wäre. Der nächste Longplayer, an dem bereits gearbeitet wird, soll dann nach Aussagen des umtriebigen Schweden stark gothiclastiger sein, was dann unter anderem auch der Stimme Bergs gerechter werden soll. Lassen wir uns mal überraschen…


http://www.myspace.com/ashburyheightsmusic
http://www.discogs.com/Ashbury-Heights-Take-Cair-Paramour/release/2343237

Schreibe einen Kommentar

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen