KonzertMusik

Cassandra Complex 04.09.09 Logo Hamburg (Konzertbericht)

18 Jahre ist es her, das ich Cassandra Complex gesehen habe, damals trat die Band in der Großen Freiheit 36 auf und war auf dem Zenit ihres Erfolges. Nach der Veröffentlichung von ‘Sex and Death’ 1993 wurde es dann still um die Band, lediglich 2000 schoben sie mit ‘Wetware’ noch ein Album hinterher, zu der es aber, so weit ich weiß, keine Tour gab. Ich höre diese Band seit 1986 und sie hat meinen Musikgeschmack sehr geprägt. Entsprechend gespannt war ich also auf diesen Abend.Zum Einheizen waren ‘On The Floor’ gekommen, die mit ihrem trockenem Electro-Goth und den mitreißenden Songs sofort punkten konnten und eine perfekte Vorbereitung auf den Cassandra Complex waren. Dann betraten pünktlich um 21.00 Uhr Rodney Orpheus und Paul Dillon die Bühne und eröffneten mit einem reinem Electrostück (Ich glaube es war ‘Lakeside?!’) die Show. Anschließend kamen dann auch Andy Booth und Volker Zacharias dazu. Damit stand die Band in Original-Gründungsbesetzung plus dem neben Orpheus am längsten der Band zugehörigen Mitglied Zacharias vor uns, was bedeutete, das es nur gut werden konnte. Natürlich sind alle, uns eingeschlossen, doch sichtlich gealtert. Besonders sah man das Dillon und Booth an, die mittlerweile auch als nette, junge Großväter durchgehen könnten, Großväter des Cyberpunk sozusagen. Aber auch an Orpheus ist die Zeit natürlich nicht spurlos vorbei gegangen. Vorbei die Zeit, in der er auf der Bühne herumwirbelte, sein langer orange-blonden zersauster Haarfriedhof ist ebenfalls verschwunden. Ganz simpel, mit gesitteten Kurzhaarschnitt, Lederhose und T-Shirt mit Plauzenansatz steht er sympathisch dort und ist völlig entspannt und offensichtlich sehr glücklich. Mit ‘Nightfall’ vom Album ‘Cyberpunx’ kehrt sofort der typische Cassandra Complex-Pathos zurück, und man fühlt sich 20 Jahre zurückversetzt. Der Sound ist wuchtig, die Gitarren weniger kratzend als auf früheren Konzerten. Anfänglich bewegt sich Rodney noch etwas pomadig, fast in Trance (der alte Esotheriker), aber im Laufe des Abends wird er immer lebendiger. Die Songauswahl ist eine bunte Mischung aus fast allen Alben. Aus dem ersten Album ‘Grenade’ hören wir ‘March’ und ein tolles ‘Presents (Come Of Age)’. Von ‘Theomania’ gibt es ‘God John’ und ‘Second Shot’ und von ‘War Against Sleep’ ‘What Can I Do For You’. Mit ‘Into The Heart’ vom Album ‘Cyberpunx’ zeigt sich wiederum einmal die Klasse der Band. Bedrohlich und kraftvoll schreit und wimmert sich der gebürtige Ire durch diesen Titel. Das noch heftigere, aber treibendere ‘Bad Faith’, sowie das fullminate ‘Valis’ wurden von ‘Wetware’ ausgesucht. Das Album des Abends war aber zweifelsohne das 1993 erschienende ‘Sex and Death’. Mit ‘Kneel (To The Boss)’, ‘The War Against Sleep’ (für mich das Livestück überhaupt), ‘Satisfy Me’, ‘Voices’, sowie ‘Frankie Teardrop’ kamen gleich ganze fünf Stücke von dieser Scheibe. Zum Ausgleich gab es von ‘Satan, Bugs Bunny and me’ kein einziges Stück. Natürlich durften auch die Klassiker ‘Datakill’ und ‘Moscow Idaho’ nicht fehlen. Das schöne an Orpheus ist unter anderem, das er sich auf der Bühne ganz normal gibt und keinerlei Starallüren zeigt (Jawohl: Er ist ein Star!). So erzählt er zum Beispiel eine nette Anekdote, wie die Geschichte einer deutschen Fangruppe, die tatsächlich in den Urlaub nach Moscow/Idaho fuhr, um dort vom Sheriff verhaftet zu werden, weil sie das Ortsschild fotografierten. Zwischendurch verheddert sich das Mikrofonkabel im Stativ oder mit Booth’s Gitarrenkabel, was er natürlich mit Humor nimmt und eifrig zwischen den Gesangspausen am Boden knieend zu entwirren versteht. Dann stellt uns ncoh einen Bub namens Jonas vor, der angeblich die Lichtanlage gebaut hat und während des Gigs bedient. Zu einigen, im Publikum anwesenden Steinberg- Mitarbeitern ruft er begeistert herüber, das er sich darüber freut, das die Cubase-Software den ganzen Abend noch nicht einmal abgestürzt sei. Ein kleiner Spaßvogel eben. Das Konzert ändert nach der Zugabe kurz vor Mitternacht. Der letzte Song ist überraschenderweise ‘Frankie Teardrop’. Dieser ist im Original bereits über 10 Minuten. Live gelingt es der Band tatsächlich, das Stück auf ungefähr 25 Minuten Länge zu ziehen. Ob sie sich mit dieser epischen Breite und dem tieftragischen Thema den richtigen Abschluss ausgesucht haben, möchte ich dahingestellt sein lassen, in jedem Fall war es ein großartiger Abend und vielleicht darf man aufgrund der enthusiastischen Resonanz darauf hoffen, das es vielleicht doch noch einmal zu einer neuen Veröffentlichung kommen könnte.
 

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