Album-RezensionMusik

Mark Stewart & Maffia – Edit

Nach Ende der Punk-Ära gründet Mark Stewart vier Kumpels in Bristol die ‚Pop Group‘. Die Band, die mit radikalen Texten und einer bis dahin nicht gekannten Mixtur aus Punk, Jazz und Funk thematisch die damaligen sozialen Probleme Englands anzuprangern. Die Band veröffentlicht bis 1980 drei Alben und gilt noch heute für viele als Wegbereiter von krittischer Musik ohne Pathos.
Nach der Auflösung schliesst sich Mark Stewart zunächst dem On-U Projekt zu, in dem so illustre Personen wie Adrian Sherwood und Gary Clail mitmischen und Reggaeelemente mit Punk und Dub vermischten. Eine der bekanntesten Bands, die aus dem On-U-Sound Label entstehen, ist ‚Tackhead‘.
Inspiriert von diesem Musikstil gründet er seine eigene Band. Von Anfang an besteht die ‚Maffia‘, aus Doug Wimbish am Bass, dem Bluesgitarrist Skip McDonald und dem Ausnahmeschlagzeuger Keith LeBlanc. Gemischt werden die Aufnahmen von Adrian Sherwood, der den typischen Sound dieser Combo kreiert. Mark Stewarts Musik ist stets von Electro, Dub, Punk, Techno und Noise-Elementen durchzogen. Sein sägender und meist verzerrter Sprechgesang und seine meist politischen Aussagen polarisieren meist, sind anstrengend und machen die Outputs nur für wenige ertragbar. Allerdings gilt Mark Stewart in Fach- und Musikerkreisen als Ikone und Vorbild für seine Einstellung und Kompromisslosigkeit. Bis 2008 veröffentlicht Stewart fünf Alben, das sechste Album trägt den Titel ‚Edit‘. Darüber hinaus wird ein Film über seinen musikalischen Werdegang veröffentlicht: ‚ON / OFF: Mark Stewart – from the Pop Group to the Maffia‘. Mark Stewart lebt zur Zeit in Berlin.

Als Ikone lebt es sich normalerweise schwer und jede Veröffentlichung birgt die Gefahr, das der eigene Mythos zerstört wird. Mark Stewart macht nicht den Eindruck, als würde ihn das kratzen. Da selbst krude Verschwörungstheorien in seinen Texten ihn nicht schaden konnten und er konsequent seinen textlichen Feldzug gegen das Böse in der Welt im Allgemeinen und im Verhalten des Menschen im Besonderen weiterbetreibt, spricht für ihn und Kritiker gibt es sowieso kaum welche. Stewarts Veröffentlichungen kann man nur schwer kritisieren und auch nur schwer verstehen. Die Musik auf ‚Edit‘ ist wie gewohnt ziemlich zerschroben und wird von diversen Breaks und harschen Geräuschen immer wieder aufgebrochen und die Stimme des Frontmannes sägt gewohnt bis an die Nervengrenzen. Was ist also so toll daran? Mark Stewarts Soundcollagen sind einfach authentisch und spiegeln die Widersprüchlichkeit unserer Ansprüche und unserem Handeln wieder.und die unverwechselbare Stimme leidet und fordert, als wenn es morgen schon zu spät ist. Ausserdem sind die Musikstile ‚UK-Glam und Ghettotechno‘, wie Stewart zur Zeit seine Musik selbst bezeichnet, absolut ungewöhnlich und durch die Ausnahmemusiker der Maffia einfach authentisch und menschlich warm.
Allerdings ist ‚Edit‘ insgesamt melodischer geraten und die Texte beleuchten diesmal mehr die eigenen Unzulänglichkeiten als das Grosse Ganze. Stücke wie ‚Rise Again‘ oder ‚Loner‘ sind ungewohnt poppig (immer verglichen mit dem Referenzwerk ‚As The Veneer Of Democracy Starts To Fade‘) und einprägsam. Aber es gibt z.B. mit ‚Freak Circus‘ und ‚The Puppet Master‘ auch reichlich brachiales. Mit der Stewart-eigenen Coverversion des Yardbird-Stücks ‚You’re Better Man Than I‘ und der Unterstützung von Ari Up (The Slits) wird es sogar richtig groovig. Auch Adrian Sherwood vermag bis auf wenige Ausnahmen die Stücke so abzmischen, das trotz absoluten Wiedererkennungswert immer wieder neue Sounds Einzug erhalten. Wahre Ikonen sterben eben nie.

http://www.myspace.com/markstewartmaffia
http://www.discogs.com/Mark-Stewart-Edit/release/1653497

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